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Feiern mit Fladenbrot und Limonade: Ein Ärztepaar aus Rendsburg verbrachte Weihnachten mit Flüchtlingen in einem Dorf im Nordirak – und verbreitete dort spontan festliche Stimmung. Rendsburg/Dohuk. Als Ioana Klopf (47) und Martin Klopf (47) am ersten Weihnachtstag in Hamburg-Fuhlsbüttel ins Flugzeug stiegen, wussten sie nicht, was sie am Ziel ihrer Reise erwarten würde. Statt die Feiertage im Familienkreis zu verbringen, hatte sich das Ärztepaar aus Rendsburg dazu entschieden, in ein Flüchtlingslager im Nordirak zu fliegen. Dort wollten die beiden in Begleitung einer kleinen Delegation der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und des Menschenrechtszentrums Cottbus mit orientalischen Christen Weihnachten feiern. Viele Fragen gingen ihnen auf dem Flug durch den Kopf. "Ist die Stimmung unter den Menschen in solchen Lagern an Feiertagen ausgelassen oder gedrückt? Wie viele würden überhaupt kommen und mit uns feiern? Wir konnten das nur schwer einschätzen", erklärt Martin Klopf.
Keine Mission - aber eine Geste des Friedens Auch der Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, hat an Weihnachten Flüchtlinge zu Gast. Er hatte die Christen ausdrücklich aufgefordert, Neuankömmlinge in ihre Wohnzimmer einzuladen. "Es wäre doch eine schöne Geste des Friedens, und beide Seiten könnten ihre Angst vor Begegnungen überwinden. " So werden auch die beiden jungen Afghanen, die seit Sommer in einer Einliegerwohnung der Bischofskanzlei wohnen, an einem der Weihnachtstage mit Meisters Familie zusammen feiern: "Das wird ein besonderes Fest mit gemeinsamem Gottesdienst, aufregend für uns und unsere Gäste. " Der islamische Religionssoziologe Rauf Ceylan sieht es positiv, wenn Menschen unterschiedlicher Religionen sich gegenseitig zu ihren Festen einladen: "Eine Feier ist doch eine wunderbare Gelegenheit, sich näherzukommen und etwas vom Anderen zu erfahren. " Willkommen fühlen im fremden Land Für die Flüchtlinge sei es wichtig, dass sie sich nach den oft schrecklichen Erlebnissen von Mord, Krieg und Flucht in diesem für sie fremden Land angenommen fühlten, sagt der Osnabrücker Islamexperte.
Solche Angebote sind meist ein Kompromiss. Denn als Zeichen der Solidarität wollen zwar viele Deutsche zusammen mit den Flüchtlingen Weihnachten feiern. Aber sie wollen gleichzeitig, dass sich an ihrem persönlichen Weihnachtsfest nichts ändert, dass die liebgewonnenen Rituale bestehen bleiben. Zusammen feiern heißt deshalb für die meisten nicht unbedingt: an Heiligabend Flüchtlinge zu sich nach Hause einladen. Denn das würde die Rituale gehörig durcheinanderwirbeln, das brauchte ziemlich viel Mut, und es würde bedeuten, jemand Fremden in die eigene Wohnung zu lassen. Ein Pfarrer aus einer sächsischen Kleinstadt sagt: "Es ist ja schon doll, wenn die Leute im Ort mich in ihre Wohnung lassen. Was glauben Sie, wie oft ich vor verschlossenen Türen stehe? Obwohl alle mich kennen und ich meine Hausbesuche jedes Mal anmelde? " Aber die Leute, meint er seufzend, könnten angesichts der vielen Menschen in Not eben auch nicht nichts tun. Der Pfarrer hat jetzt einen Kompromiss gefunden zwischen dem Bedürfnis, sich solidarisch zu zeigen, und dem Bedürfnis, unter sich zu bleiben und alles beim Alten zu lassen: Er lagert das Weihnachtsfest, das die Einheimischen zusammen mit den Flüchtlingen feiern, ganz einfach aus - aus den eigenen vier Wänden ins Begegnungszentrum; aus der heiligen Zeit in die profanen Abendstunden des 16.
00 Uhr zusammensetzen, ein paar Weihnachtslieder singen und darüber sprechen, was denn Weihnachten eigentlich ist. Und danach gibt es eine Bescherung, das heißt, für alle gibt es ein kleines Weihnachtsgeschenk. " Christbaum in Linzer Notunterkunft aufgestellt Weniger weihnachtlich wird es nach Angaben des Roten Kreuzes in den Notunterkünften wie im alten Linzer Postverteilzentrum oder dem Zelt in Braunau zugehen. Hier sind Flüchtlinge oft nur ein paar Stunden. Nach Angaben des Roten Kreuzes steht aber auch im alten Postverteilzentrum beim Linzer Bahnhof ein Christbaum. Link: Der Sinn des Weihnachtsfests ()
"Sie bekommen die ganze Atmosphäre ja mit, da ist es sinnvoll, es ihnen zu erklären. " Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge waren rund 70 Prozent der Asylantragsteller in diesem Jahr Muslime und etwa 16 Prozent Christen. "Ich mag die Stimmung" Im Flüchtlingsheim im niederbayerischen Wegscheid merkt man nicht, dass bald Weihnachten ist. Die Muslime feiern das Fest nicht. Aber ein bisschen Weihnachtsstimmung kommt bei den Flüchtlingen doch auf: "In Syrien wird zwar auch Weihnachten gefeiert, aber hier in Deutschland sind so viele Lichter in den Straßen und man bekommt viel mehr davon mit", erzählt Ayham, ein 19-jähriger Syrer. Viele Flüchtlingsfamilien können die Weihnachtstage unbeschwert angehen, weil sie sich sicher fühlen, glaubt Ali in Bonn. "Es ist schön, dass die Kinder beschenkt werden, so wie es in den deutschen Familien auch gemacht wird. " Das Fest am 24. werde wohl anders als in Syrien - "aber ich mag die Stimmung", sagt der 21-Jährige höflich auf Englisch.
den Artikel vorlesen lassen Gemeinsam zu feiern bedeutet Begegnung und Dialog. Im religiösen Kontext kann das gemeinsame Feiern aber auch zur kulturellen Vereinnahmung Andersgläubiger führen oder gar zu Konflikten. Daher hat sich Kathrin Tomczyk, Leiterin einer Bonner Flüchtlingsunterkunft, dazu entschieden, in der Adventszeit bewusst "areligiöse Feiern" anzubieten: "aus Anlass der Adventszeit kommen wir zusammen und feiern; wir feiern aber nicht 'Weihnachten'. " 1) Während Christen sich im Advent auf Weihnachten vorbereiten, werden somit muslimischen Flüchtlingen "Feierangebote" geschaffen: Plätzchen werden gebacken und es wird erklärt, was der Advent und das Weihnachtsfest sind. Behrouz Asadi, der Flüchtlingskoordinator der Malteser in Mainz, hingegen organisiert bewusst zusammen mit christlichen und muslimischen Flüchtlingen in deren Unterkünften sowie auch in evangelischen und katholischen Gemeinden Adventsfeiern: "Der Nikolaus kommt mit seinem heiligen Buch, es gibt Geschenke für Kinder, wir erzählen – teils in Arabisch und Persisch – die Weihnachtsgeschichte. "
In Sachsen verteilt das Deutsche Rote Kreuz am Heiligabend und den Weihnachtstagen Geschenke an Kinder aus Flüchtlingsfamilien. Dafür wurde schon vor Wochen die Aktion "Weihnachten aus der Tüte" auf die Beine gestellt. Viele Bürger und Helfer haben Geschenke gebracht, die in mehr als 1500 Tüten landeten. Am 24. Dezember sollen in den Quartieren auch Weihnachtslieder gesungen werden, berichtet DRK-Sprecher Kai Kranich. Weihnachtsfeier in der Notunterkunft In den Unterkünften des Arbeiter-Samariter-Bundes in Bremen hat der Weihnachtsmann schon in der Adventszeit Geschenke verteilt. Mit dem christlichen Fest seien viele Flüchtlinge vertraut, sagt die ASB-Mitarbeiterin Mageda Abou-Khalil. Die Muslimin aus dem Libanon lebt seit 1978 in Deutschland. "Über die Feiertage gibt es keine Deutschkurse, fast alles ist geschlossen. Sie nutzen die Zeit für einen Familienbesuch. " Abou-Khalil zufolge haben viele Heimbewohner Verwandte oder Bekannte in Deutschland. Sie selbst will Heiligabend mit ihrer Familie verbringen - mit Weihnachtsbaum und Geschenken.