actionbrowser.com
Kurt Tucholsky - Augen in der Großstadt | Gedichtsammlung | Wörterlisten | Notizen Kurt Tucholsky Augen in der Großstadt Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen: da zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter Millionen Gesichter: Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider - Was war das? vielleicht dein Lebensglück... vorbei, verweht, nie wieder. Du gehst dein Leben lang auf tausend Straßen; du siehst auf deinem Gang, die dich vergaßen. Ein Auge winkt, die Seele klingt; du hast's gefunden, nur für Sekunden... Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück... Vorbei, verweht, nie wieder. Du musst auf deinem Gang durch Städte wandern; siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern. Es kann ein Feind sein, es kann ein Freund sein, es kann im Kampfe dein Genosse sein. Er sieht hinüber und zieht vorüber... Was war das? Von der großen Menschheit ein Stück! Vorbei, verweht, nie wieder.
Am Ende der zweiten Strophe (V. 9-12) wird durch die Wiederholung bestimmter Verse ein weiteres Mal die Sehnsucht nach zwischenmenschlichen Beziehungen zunichte gemacht. Die letzte Strophe schildert detailliert den Ablauf einer solchen Begegnung. Der kurze Augenblick, bei dem sich zwei Menschen begegnen, wird durch "siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern. " (V. 3-4) beschrieben. Dabei macht das Wort "Pulsschlag" die Kürze bzw. Schnelligkeit deutlich. In den Versen 5-8 werden durch Anaphern ("Es kann […]" [Vgl. V. 5, 6, 7]) die möglichen Fälle, was der fremde für "dich" sein kann, aufgezählt. In Vers 9 besteht kurz die Hoffnung auf eine Konservation "Er sieht hinüber". Diese Hoffnung wird jedoch gleich in Vers 10 durch "zieht vorüber" zerschlagen. Der letzte Abschnitt (V. 11-15) der dritten Strophe deutet wieder auf die Einsamkeit des Menschen hin, da keine längere Begegnung als der kurze Augenblick von der Dauer eines Pulsschlags, entstehen konnte. Das Gedicht besteht aus 3 Strophen.
"Augen in der Großstadt" ist eines der berühmteren Gedichte Kurt Tucholskys. Es wurde 1930 erstmals veröffentlicht und behandelt das anonyme Leben in der Stadt – vielleicht in Berlin, wo Tucholsky einen großen Teil seines Lebens verbrachte. Dieses Gedicht gehört zu den bekanntesten Werken deutscher Lyrik – hier finden Sie mehr berühmte Gedichte. Du mußt auf deinem Gang / durch Städte wandern; siehst einen Pulsschlag lang / den fremden Andern. Foto von wong manho auf Unsplash Hier finden Sie den Text des Gedichts sowie eine kurze Interpretation. Und hier finden Sie mehr Gedichte von Kurt Tucholsky. Wenn Sie wollen, lesen Sie noch ein paar (schöne) Gedichte über das Leben. Viel Spaß! Das Gedicht Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen: dann zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter Millionen Gesichter: Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider – Was war das? Vielleicht dein Lebensglück… vorbei, verweht, nie wieder.