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Dabei zeigt eine Befragung von Jugendlichen durch das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ism), dass Jugendliche besonders häufig große Angst vor sozialem Abstieg und pandemiebedingten Bildungsnachteilen hegen. Vor allem Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien befürchten, den Anschluss zu verlieren. Die überwiegende Zahl der Jugendämter betont dabei, dass vor allem viele arme Familien besonders stark betroffen seien. Das ist auch die Gruppe, bei der sich die Erreichbarkeit durch die Jugendämter stark verschlechtert hat und Hilfe häufig nicht ankommt. Ohne Zukunftsperspektive? – Sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche Davon kommt der ganz überwiegende Teil aus dem Armutsmilieu. Im unmittelbaren Zusammenhang damit stehen die Zahlen der Schulabbrüche, die im letzten Jahr ein besorgniserregendes Hoch erreicht haben. Sie haben sich im Vergleich zu vorpandemischen Zeiten auf 100. 000 verdoppelt. Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes, befürchtet sogar eine erneute Verdoppelung der Zahlen für dieses Jahr.
Die Chancenstiftung setzt sich für bessere Teilhabechancen und mehr Chancengerechtigkeit durch die gezielte Förderung von benachteiligen Kindern und Jugendlichen in der Bildung ein. Sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche dürfen nicht ungehört bleiben und vergessen werden. Genau das motiviert auch Alexandra Holland, Bildungspatin der Chancenstiftung: " Bildung ist die Voraussetzung für ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben. Seit 2009 setze ich mich als Bildungs-Patin dafür ein, ungleiche Startbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern – denn ich bin der Meinung, dass alle die gleichen Chancen haben sollten. " Für Dr. Annette-Louise Hirmer, Chancenstifterin und Bildungspatin seit 2011, ist "Bildung – mit Herz und Verstand – der Schlüssel zu allem: Unabhängigkeit, Selbstverantwortung und Empathie. Basis für ein friedvolles Miteinander und Füreinander. " "Ich engagiere mich für die Chancenstiftung, um die Bildungsgerechtigkeit in unserem Land voranzubringen und Kinder stark zu machen – unabhängig von Herkunft und Elternhaus. "
Solide Leistungen - ohne Unterstützung aus dem Elternhaus Dabei zeigte sich: Schüler aus benachteiligten Elternhäusern sind heute bei Pisa-Tests in Deutschland deutlich erfolgreicher. Waren es im Jahr 2006 gerade mal 25 Prozent sozial benachteiligter Schüler, die trotzdem erfolgreich in der Schule waren, ist die Zahl bei der letzten Pisa-Studie 2015 schon auf 32, 3 Prozent gestiegen - ein bemerkenswerter Trend. Wie schaffen es diese Schüler und ihre Lehrer, den Schulerfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln? Als "Resilienz" bezeichnen die Wissenschaftler "die psychische Widerstandsfähigkeit des Einzelnen und damit die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie als Ausgangspunkt für Entwicklungen zu nutzen". Im Fall der Schule heißt das: Resilient ist, wer solide Leistungen bringt, obwohl es aus dem Elternhaus kaum Unterstützung gibt. Obwohl zum Haushalt nur wenige Bücher gehören. Obwohl zu Hause eine andere Sprache gesprochen wird als in der Schule. Welche Faktoren fördern also diese psychische Widerstandskraft in der Schule?
Da ist zum Beispiel Basti, ein elfjähriger Junge, der nicht genügend Zuwendung erfährt und sich wünscht "dass seine Eltern ihm gegenüber netter sein sollten". Er legt täglich einen weiten Weg zurück, um in die Arche zu kommen und fühlt sich dort sicher. Und es gibt Tamika, ein zwölfjähriges Mädchen aus Vietnam, das am Wochenende regelmäßig im Imbiss ihrer Verwandten arbeitet, statt einem Hobby nachgehen zu können, oder die zwölfjährige Rhina, die sich mehr Geld wünscht, damit sich auch ihre Mutter etwas leisten kann. "Alle drei Kinder sind, wenn auch in völlig unterschiedlicher Weise, sozial benachteiligt", verdeutlicht Andresen. "Basti leidet oft unter seinen Eltern, die weder mit ihm spielen noch ihn fördern, Tamika hat eine große Stieffamilie, in der sie sich aufgehoben fühlt, aber sie muss selbstverständlich am Wochenende - wenn andere Kinder frei haben und für die Schule lernen können oder einem schönen Hobby nachgehen - für den Lebensunterhalt mitarbeiten, und Rhina erlebt eklatant den materiellen Mangel der Familie und die Sorgen und Entbehrungen der Mutter. "
Einen "entscheidenden Beitrag zur Resilienz benachteiligter Schüler" haben die Forscher in der Zusammensetzung der Klassen ausgemacht. "Benachteiligte Schüler profitieren vom gemeinsamen Unterricht mit bessergestellten Schülern", heißt es in der Untersuchung - ein klarer Hinweis in Richtung eines längeren gemeinsamen Unterrichts. Als weiterer "Schlüsselfaktor" kommt das Schul- und Unterrichtsklima hinzu: "Schulen, an denen Schüler den Unterricht als geordnet wahrnehmen, haben einen höheren Anteil resistenter Schüler", so die Wissenschaftler. Die oft geführt Debatte um die Größe von Schulklassen sei dagegen weitgehend sinnlos, schreiben die Forscher: "Die Ressourcenausstattung der Schule etwa mit Computern oder die Klassengröße spielen eine untergeordnete Rolle. " SPIEGEL TV über Bildungsnotstand in Deutschland Was die Forscher raten Das Fazit der Bildungsforscher: "Der Schulentwicklung kommt eine zentrale Rolle bei der Förderung von Chancengerechtigkeit zu. " Sie weisen darauf hin, dass "Aktivitäten jenseits des Unterrichts, wie sie vor allem in Ganztagsschulen angeboten werden, einen positiven Effekt" auf benachteiligte Schüler haben.
Je früher die Angebote einsetzen, desto eher sind sie in der Lage, Ressourcen zu stärken, Risiken zu minimieren und neue Perspektiven aufzuzeigen. Dabei ist es wichtig, für jede Lebensphase und deren spezielle Herausforderungen spezifische Angebote zu entwickeln und die Übergänge zwischen den Lebensphasen in den Blick zu nehmen. Mit Hilfe der Erfahrungen aus den Good Practice-Projekten hat der Kooperationsverbund allgemeine, aber auch auf die jeweiligen Lebensphasen und Übergänge abgestimmte Handlungsempfehlungen und Umsetzungsstrategien zur Verbesserung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in schwieriger sozialer Lage gebündelt. Die vom Beratenden Arbeitskreis des Kooperationsverbundes entwickelten zwölf Good Practice-Kriterien dienen dabei als Qualitätswegweiser, um Angebote auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abzustimmen. Die Handlungsempfehlungen werden im Rahmen des kommunalen Partnerprozesses "Gesundheit für alle" umgesetzt.