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Der blaue Vogel). Die Gestalt der Frau Holle (etwa »die Huldvolle«, auch Hulda, Frau Perchta) ist wohl von einer archaischen weiblichen Erdgottheit abgeleitet (möglicherweise von der germanischen Göttin Frigg). Sie lebt in einer »Anderswelt«, in die die Mädchen durch einen Brunnen gelangen, und verschenkt ihre Gaben (Fruchtbarkeit) großzügig nach bestandenen Prüfungen. Eine ähnliche Rolle spielt die Regentrude in Theodor Storms gleichnamigem Kunstmärchen, zu der ein beherztes junges Mädchen hinabsteigen muss (dort durch einen hohlen Baum), bevor ihr Segen über die Menschen kommt.
Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein grosses Tor. Das Tor ward aufgetan, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen. so dass es über und über davon bedeckt war. "Das sollst du haben, weil du so fleissig gewesen bist", sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Tor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus; und als es in den Hof kam, sass der Hahn auf dem Brunnen und rief: "Kikeriki, Unsere goldene Jungfrau ist wieder hie. " Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es von ihr und der Schwester gut aufgenommen. Das Mädchen erzählte alles, was ihm begegnet war, und als die Mutter hörte, wie es zu dem grossen Reichtum gekommen war, wollte sie der andern hässlichen und faulen Tochter gerne dasselbe Glück verschaffen. Sie musste sich an den Brunnen setzen und spinnen; und damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger und stiess sich die Hand in die Dornhecke.
Dann warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein. Sie kam, wie die andere, auf die schöne Wiese und ging auf demselben Pfad weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, schrie das Brot wieder: "Ach zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich, ich bin Die Faule aber antwortete: "Da hätt ich Lust, mich schmutzig zu machen", und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: Sie antwortete aber: "Du kommst mir recht, es könnte nur einer auf den Kopf fallen", und ging damit weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren grossen Zähnen schon gehört hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tag tat sie sich Gewalt an, war fleissig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte, denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr schenken würde; am zweiten Tag aber fing sie schon zu faulenzen an, am dritten noch mehr, da wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie machte auch der Frau Holle das Bett nicht, wie sich's gebührte, und schüttelte es nicht, dass die Federn aufflogen.
Auf der Wiese ging es fort und kam zu einem Backofen, der war voller Brot; das Brot aber rief: Ach! Zieh mich 'raus, zieh mich 'raus, sonst verbrenn' ich, ich bin schon lngst ausgebacken! " Da trat es fleiig herzu und holte alles heraus. Danach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll pfel und rief ihm zu: Ach! Schttel mich! Schttel mich! Wir pfel sind alle mit einander reif! " Da schttelt es den Baum, dass die pfel fielen, als regneten sie, so lange, bis keiner mehr oben war, danach ging es wieder fort. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, daraus guckte eine alte Frau, weil sie aber so groe Zhne hatte, ward ihm angst und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: Frchte dich nicht, liebes Kind, bleib bei mir, wenn du alle Arbeit im Haus ordentlich tun willst, so soll dir es gut gehen, nur musst du Acht geben, dass du mein Bett gut machst und es fleiig aufschttelst, dass die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt; ich bin die Frau Holle. " Weil die Alte so gut ihm zusprach, willigte das Mdchen ein und begab sich in ihren Dienst.
Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul. Sie hatte aber die häßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit tun und der Aschenputtel im Hause sein. Das arme Mädchen mußte sich täglich auf die große Straße bei einem Brunnen setzen, und mußte so viel spinnen, dass ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, dass die Spule einmal ganz blutig war, da bückte es sich damit in den Brunnen und wollte sie abwaschen: sie sprang ihm aber aus der Hand und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter und erzählte ihr das Unglück. Sie schalt es aber so heftig und war so unbarmherzig, dass sie sprach »hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf. « Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wußte nicht, was es anfangen sollte: und in seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein, um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung, und als es erwachte und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese, wo die Sonne schien und viel tausend Blumen standen.
Das ist zur Belohnung deiner Dienste", sagte die Frau Holle, und schloss das Tor zu. Da kam die Faule heim, ganz mit Pech bedeckt und das hat ihr Lebtag nicht wieder abgehen wollen. Der Hahn aber auf dem Brunnen, als er sie sah, rief: unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie! " Mrchen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm, Berlin 1825 / 1843, mit angepasster Schreibweise.