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Hermann Hesse "Wie eine Welle" (1901) - YouTube
Aufnahme 2017 Wie eine Welle, die vom Schaum gekränzt Aus blauer Flut sich voll Verlangen reckt... Und müd und schön im großen Meer verglänzt – Wie eine Wolke, die im leisen Wind Hinsegelnd aller Pilger Sehnsucht weckt Und blass und silbern in den Tag verrinnt – Und wie ein Lied am heißen Straßenrand Fremdtönig klingt mit wunderlichem Reim Und dir das Herz entführt weit über Land – So weht mein Leben flüchtig durch die Zeit, Ist bald vertönt und mündet doch geheim Ins Reich der Sehnsucht und der Ewigkeit
Bereits in der ersten Strophe fallen Antithesen auf, die an eine wechselseitige Beziehung von Leben und Tod erinnern: welkt – blüht, Jugend – Alter (Vers 1, Vers 2); Abschied – Anfang (Vers 6, Vers 9). Diese Antithesen und die Metapher der welkenden Blüte: "Wie jede Blüte welkt und jede Jugend / Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, / Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend" (Z. 1 – 3), sind Zeugnis von einer buddhistischen Prägung in Hesses Denken, er sieht somit im Tod nicht ein verschlingendes ewiges Nichts, sondern die Chance eines Neuanfangs. Das Gedicht ist in einem fließenden Rhythmus verfasst, welcher dank den weiblichen Kadenzen eine beruhigende Wirkung erzielt. Auffällig ist das Ende der ersten Strophe, es ist ein allgemein bekanntes Zitat Hermann Hesses: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. " (Z. 9 – 10). Der Begriff "Zauber", aus der Romantik entnommen, wird von Hesse auch oft als "Gott" oder "Tao" bezeichnet, er versteht darunter das ewige Gute, durch das diese Welt geschaffen wurde und das dem Leben Sinn gibt, somit ist dieses Zitat der Ausdruck eines tiefen Optimismus.
Zeitlich fällt die Veröffentlichung des "Steppenwolfs" in die Epoche der Neuen Sachlichkeit. Die Menschen damals waren auf der Suche nach Unterhaltung und Ablenkung nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs. Es entstanden Kinos und Tanzlokale, zudem kamen Neuheiten wie das Radio oder die Jazzmusik aus den USA nach Europa. Durch die neue Massenunterhaltung war es für den Menschen als Individuum schwer, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden — und genau so geht es auch Harry Haller. Er fühlt sich verloren inmitten dieser chaotischen Zeit. Zwar weist das Werk keine typischen Motive der Neuen Sachlichkeit auf, allerdings spiegelt es sehr gut den Zeitgeist der " Goldenen Zwanziger " wider. Auch die Literaturepoche vor der Neuen Sachlichkeit, nämlich die Moderne, hatte einen Einfluss auf Hesses Roman. Die Moderne war geprägt von verschiedenen literarischen Strömungen, wie beispielsweise dem Expressionismus oder der Neuromantik, und hatte so keine einheitlichen Merkmale. Expressionistische Motive finden sich im "Steppenwolf" beispielsweise in der Darstellung der Großstadt oder des Ich-Verlusts des Protagonisten.
] Das Versschema ist einfach und leicht zu durchschauen: Zwei Kreuzreime (abab) folgen aufeinander, in der Mitte des Gedichts entsteht durch die neue Reimfolge (cdcd) eine Zäsur, die sich auch im Inhalt widerspiegelt. In den vier ersten Versen wird eine flüchtige Beobachtung gestaltet, ein vorbeifliegender Schmetterling, man wird sich wohl einen Falter aus der Gattung der Bläulinge vorstellen müssen. Die unregelmäßige Bewegung des Schmetterlings spiegelt sich im schwebenden Rhythmus der Verse wider: Zwischen drei betonten Silben sind entweder eine oder zwei Silben eingefügt. Die Verse werden aber nicht nur durch den Endreim verknüpft, sondern auch durch Alliterationen, also durch eine Art von Anfangsreim, der auf betonten Silben liegt: flügelt ein kleiner blauer / Falter vom Wind geweht. Und der flüchtige optische Eindruck wird durch Assonanzen verstärkt, das heißt durch den Gleichklang der in diesem Fall hellen Vokale: Glitzert, flimmert . In der zweiten Strophe wird das Bild des Schmetterlings, der in der Dichtung oft als Symbol für die Seele steht, sinnbildlich überhöht: Der Falter erscheint dem Dichter als Bild für die Vergänglichkeit des Glücks.