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Neben dem Vorliegen einer angemessenen Wohnung ist zu prüfen, ob sich am Ort des eigenen Hausstands der Lebensmittelpunkt des Arbeitnehmers befindet. Nur die Kosten für einen beruflichen Zweithaushalt können Werbungskosten sein. Die Kosten für den eigenen Hausstand (= Hauptwohnung am Lebensmittelpunkt) zählen dagegen immer zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung. Der Abzug der Mehraufwendungen im Rahmen einer beruflichen doppelten Haushaltsführung ist davon abhängig, dass der Ort des eigenen Hausstands und der Ort der Zweitwohnung am auswärtigen Beschäftigungsort auseinanderfallen. [1] Deshalb liegt keine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung vor, wenn sich der Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort befindet, z. B. weil die Familie an dem vom bisherigen Wohnort entfernten Beschäftigungsort eine gemeinsame Wohnung nimmt. Hiervon ist bei beiderseits berufstätigen Ehegatten auszugehen, die mit ihren Kindern am Beschäftigungsort in einer familiengerechten Wohnung leben und die frühere Familienwohnung nur noch zeitweise nutzen.
Diese Regelvermutung gilt insbesondere, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort dem Arbeitnehmer im Wesentlichen nur als Schlafstätte dient, weil dann dort regelmäßig weder der Haupthausstand noch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen zu verorten ist. Bei jungen Arbeitnehmern wird ein eigener Hausstand im Haushalt der Eltern nicht unterhalten, wenn sie nach Beendigung der Ausbildung weiterhin -- wenn auch gegen Kostenbeteiligung-- im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen. Die elterliche Wohnung kann in diesen häufigen Fällen zwar, auch wenn das Kind am Beschäftigungsort eine Unterkunft bezogen hat, wie bisher der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sein, es mangelt indessen am eigenen Hausstand, so dass eine doppelte Haushaltsführung nicht angenommen werden kann. Quelle: § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG
Leitsatz Wie entscheidend der Nachweis des Lebensmittelpunktes in Fällen der doppelten Haushaltsführung sein kann, führt ein aktuelles Urteil des FG München vor Augen. Im Urteilsfall konnte ein Polizist nicht glaubhaft machen, dass sein Mittelpunkt des Lebensinteresses weiterhin in seiner Heimatgemeinde lag. Sachverhalt Ein junger Polizeibeamter bewohnte an seinem Beschäftigungsort (München) eine 69 qm große Wohnung und an seinem Heimatort eine Wohnung mit 50 qm im Haus seiner Eltern. In seiner Einkommensteuererklärung 2009 machte er die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung geltend und erklärte, dass sich sein Lebensmittelpunkt weiterhin in seiner Heimatgemeinde befunden habe. Das Finanzamt erkannte jedoch nur einen Teil der Kosten an, da es davon ausging, dass sich der Lebensmittelpunkt des Polizisten ab dem 1. 4. 2009 an den Beschäftigungsort verlagert habe. Dafür sprach, dass die Freundin des Polizisten zu diesem Zeitpunkt in die Münchener Wohnung nachgezogen war. Im Klageverfahren forderte das Finanzgericht den Polizisten auf, seinen Lebensmittelpunkt nachzuweisen.
Allerdings spricht nach einer "Besuchszeit" von 4 bis 6 Wochen eine Vermutung dafür, dass die Aufnahme nicht mehr als Besuch anzusehen ist, sondern auf Dauer angelegt ist, insbesondere dann, wenn der Besucher seinen Lebensmittelpunkt in die Wohnung verlegt und diesen Umstand nach außen hin sichtbar macht. Eine Grenze findet sich erst dann, wenn die Wohnung überbelegt würde. Dies kann der Fall sein, wenn ein Mieter dem Vermieter vorgibt, er werde allein in die Wohnung einziehen und will dann hinterher eine plötzliche auftretende Ehefrau und sieben Kinder ebenfalls in die Wohnung aufnehmen. Hier könnte der Vermieter den Mietvertrag wohl auch wegen arglistiger Täuschung anfechten. Eine Überbelegung wurde konkret bejaht, wenn eine 30 m² große Dachgeschosswohnung von 2 Erwachsenen und 3 schulpflichtigen Kinder oder eine 57 m² große Wohnung von 2 Erwachsenen und 6 Kindern bewohnt werden sollte. Letztlich kommt es auf den Einzelfall an, an dem sich das berechtigte Interesse begründen lassen muss.