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Seit vergangenem Jahr ist er Küchenmeister. Aktuell hat der Handeloher an der Universität Hamburg ein Geographie-Studium aufgenommen. "Wenn nicht jetzt, wann dann? " hatte er sich gefragt. Jetzt sei er noch jung genug zum Lernen, und Geographie sei sein zweites Hobby. Zumal das Studium mit dem physischen Teil - der Erforschung der Umwelt - und dem anthropogenen Teil - der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt - Abwechslung biete. "Da kann man weitreichend tätig werden, zum Beispiel Wachstumsprognosen für Statistiken oder Flüchtlingsströme ermitteln oder in der Stadtentwicklung aktiv werden", schwärmt er. Seiner Koch-Leidenschaft geht Marianus von Hörsten dennoch weiter nach: Freunde oder Gruppen bis 20 Personen können ihn als Koch buchen. "Das macht mir Spaß. Es ist ein nettes Miteinander, die Leute wissen gute Produkte und gutes Essen zu schätzen", sagt er. Mit Gleichgesinnten stellt er außerdem sogenannte "Pop-up-Restaurants" auf die Beine. Dabei werden - gerne auch an ungewöhnlichen Orten - in temporären Restaurants spontane Essen organisiert.
"Es passt alles und fühlt sich gut an", sagt die 47-Jährige. 48 Plätze hat das Klinker hinter großen Fensterfronten an runden und eckigen Tischen auf bequemen Holzstühlen. Ein stilisiertes Blatt ist das Signet, ein dunkles sattes Grün die Leitfarbe des Lokals. Der Name leitet sich von der Rotklinkerfassade des Gebäudes ab. Über der Bar hängen schöne Kugellampen, neben der Theke eine Zeichnung vom Hafen. Blickfang auf den Tischen sind die Besteckkästen aus geräucherter Eiche, nach Maß angefertigt von der Tischlerei Mehlig aus Moorrege nahe Uetersen. "Haben wir uns ausgedacht und ein Patent drauf", sagt Marianus von Hörsten. Sein Küchenreich liegt auf der Empore hinterm Thekenbereich. Hier bereitet er regionale und saisonale Speisen zu, die Speisekarte ist übersichtlich. Nachhaltigkeit ist für den 27-Jährigen keine Mode, sondern Lebensgrundlage. Seine Eltern führen einen Demeter-Hof in Wörme bei Buchholz in der Nordheide. "Dort habe ich Geschmack gelernt, und wir bekommen viele Produkte von dort.
"Durch Hubertus' Netzwerk hatten wir gleich einen anderen Einstieg in die Lieferanten- und Produzentenstruktur. Dass wir über ihn die Landwirte, mit denen wir arbeiten, persönlich kennen, ist für unser Restaurantkonzept Gold wert. " Demeter-Hof ist Epizentrum des Schaffens Das Team vom Hof Wörme brauchte etwas, um sich an die neue Art der Zusammenarbeit zu gewöhnen. "Die Lieferung muss mit der Laufzeit der Karte korrespondieren. Das müssen wir erst mal üben", so Landwirt Hubertus von Hörsten. "Marianus fragt immer, was es Neues gibt und bekommt dann kleinere Mengen zum Testen. " Was gut läuft, bleibt. Wie zum Beispiel das Kartoffel-Walnuss-Brot aus der eigenen Bäckerei, das im Klinker zur Vorspeise gereicht wird. "Das sind aktuell noch Mengen, die wir schnell mal eben mitmachen können", sagt Hubertus von Hörsten. Bei größeren Mengen müsste aber bereits beim Anbau und bei der Ernte die Karte des Restaurants bedacht werden. Trotz aller Überlegungen im Vorfeld kann die Natur Koch und Landwirt dennoch einen Strich durch die Rechnung machen.
Auch beim Dessert knickt die Crew nicht ein, das Apfel-Zimt-Beignet (9, 50 Euro) ist perfekt: goldbraun gebacken, der Apfel in der Hülle wie geschmolzen, dazu weißes Crème-Fraîche-Holunder-Eis, dessen Blüten von den alten Holder-Sträuchern des Heimathofes Wörme stammen. Hasenpusch und von Hörsten haben zuvor in namhaften Küchen gearbeitet, sich bei Tim Raue kennengelernt, im eigenen Restaurant praktizieren sie jetzt eine klug durchdachte Form von regionalem Minimalismus und Nachhaltigkeit - kreativ grenzenlos und nur bester Qualität verpflichtet. Regionalität ist im Klinker gelebtes Glaubensbekenntnis, das belegt die eindrucksvolle Lieferantenliste am Ende der Karte. Große Küche, weiß man hier, beginnt auf dem Feld, im Stall, auf See, in Manufakturen und Kellereien. Viele Produkte kommen vom elterlichen Hof in der Lüneburger Heide. Regionalität bedeutet hier aber auch schlicht: beste Qualitäten aus ganz Deutschland. Damit ist das Konzept Klinker nicht nur ein Gewinn für Hamburg, sondern auch ein Beitrag zur aktuellen Diskussion darüber, was die ewig alte "Neue Deutsche Küche" in Zukunft sein kann und will.
"Wir sind Handwerker, keine Rockstars! Daher sollten wir uns einfach selbst nicht so ernst nehmen. Es gibt Wichtigeres zu tun. "