actionbrowser.com
Wird dieser Text ein Geständnis? So eines von der reißerischen Sorte, nach der man sich als Leser*in vielleicht unbewusst irgendwie seht – oder von der man schon befürchtet hatte, dass sie irgendwann kommen wird? Nein, das sicher nicht. Aber ein bisschen in die Richtung geht es schon mit den nächsten Zeilen. Ich bin nicht perfekt. Perfektion ist eine Eigenschaft, die ich nicht besitze – schlicht, weil sie niemand besitzen kann. Etwas vielleicht, aber nicht jemand. Soweit, so trivial. Bis ich zu diesem Schluss bzw. dieser Einsicht gekommen bin, hat es erstaunlich (oder normal-menschlich? ) eine ganze Weile gebraucht. Ziemlich lange habe ich mir nämlich etwas anderes einzureden versucht (und zum Teil auch eingeredet bekommen). Ich habe immer versucht, es am besten zu machen. Nicht besser – am besten. Ohne Makel, ohne Fehler, bügelglatt, Eins-mit-Sternchen. Ein Freudianer würde sich die Hände reiben bei der Betrachtung dieses Zuges meiner Persönlichkeit und fieberhaft in meiner Kindheitsgeschichte anfangen zu wühlen (und er würde fündig werden – das nur nebenbei).
Ich bin dir nicht böse, wenn du so gehandelt hast. Vielleicht ist das einfach eine Eigenschaft von dir, vielleicht bist du genauso unsicher wie ich. Aber vielleicht willst du ja mit mir versuchen, daran zu arbeiten, wer weiß. Ich will nur sagen, ich kann dein Handeln, dein Verhalten nicht nachvollziehen, aber ich versteh dich. Und ich will wirklich dabei helfen, dass du dich nicht noch schlechter fühlst als sowieso schon und Sachen, die schief gelaufen sind, einfach auf sich beruhen lassen. Jeder macht Fehler und niemand ist perfekt. Ich bin nicht perfekt. Aber ich weiß das. Genauso wie ich weiß. dass Angriff vielleicht nicht die beste Verteidigung ist, aber mein Stolz und meine viel zu große Klappe sehen das manchmal anders. Ich arbeite dran, versprochen. Und vielleicht, so ganz vielleicht, könntest du mir ja noch ne Chance geben? Eine zweite Chance? Ich versuch, die nicht auch noch zu vergeigen, wirklich. Es tut mir wirklich leid. lol Leni
Der Vorgarten sieht aus wie Sau! "Solange ich nicht verhaftet werde oder blute, ist alles okay". Oh Gott, meine Gedanken erschrecken mich. Denkt so eine verantwortungsbewusste über-50-jährige? Eine, die auch noch Vorbild ist und regelmäßig vor Zuschauern steht? Neulich habe ich es auf einer Bühne sogar tatsächlich GESAGT! Die Folgen sind ja gar nicht abzusehen: Stell Dir vor: es geht eine Teilnehmerin in den Sommerschlussverkauf und hat diese Einstellung im Gepäck… Oder sie spricht mit den Lehrern ihrer Kinder. Oder sie stürzt sich in den beruflichen Wettbewerb. Das ist sooo egoistisch! "Aber Frau Deters hat gesagt…. ". Ich muss mich wohl damit abfinden, dass ich eine alte, reaktionäre Schachtel werde. Oje. Neulich wollte ich sogar wieder auf eine Demo gehen… (natürlich gegen Trump, was eigentlich auch völlig okay ist. ) Wo ist sie hin, die nette angepasste junge Frau mit einem strahlenden Lächeln und den allerbesten Absichten, eine tragende Säule der Gesellschaft zu sein? Die, die ihr Silber putzt, die Nachbarn nett grüßt und den Vorgarten mit großer Liebe und Hingabe pflegt.
Ob ich das jemals werde. Was spricht dagegen, auch einmal innezuhalten im Perfektionisierungs-Wahn und einmal hinter sich zu schauen ( Was – diesen weiten Weg bin ich schon gegangen?! ) und auch einmal stolz zu sein auf das, was man erreicht hat? Was spricht dagegen, einfach einmal liegenzubleiben und sich zumindest für einen Moment auszuruhen, tief durchzuatmen und sich selbst einfach mal einholen auf der Hatz nach permanenter vorzeigbarer Verbesserung? Ein. Und aus. Puuuh. Und dann kann man sich – vielleicht, wenn man sich stark genug fühlt – langsam wieder aufrappeln, erste unsichere Schritte machen, das Gleichgewicht testen und weitergehen, wohin der Weg auch führen mag. Gemessenen Schrittes, nicht im Sprint-Tempo. Es gilt nicht, einen wie auch immer formulierten Wettbewerb zu gewinnen. Ich muss nicht Erste sein. Ich gehe meine Geschwindigkeit. Und das ist gut so. Schritt für Schritt, Fuß vor Fuß. Manchmal trabe ich, manchmal schleiche ich, manchmal renne ich, manchmal bleibe ich stehen und schaue um mich.