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Nachrichten Wirtschaft Branchen Startups Privat Community Service Suche Der Philosoph und Kulturpublizist Konrad Paul Liessmann erklärt, warum ihm in Geld zu investieren fremd ist, er sich aber Rennräder einiges kosten lässt. © Philipp Horak trend: Sie haben mehrfach kritisiert, dass man im aktuellen Bildungsdiskurs weniger auf Bildung als auf den Erwerb von Kompetenzen setzt. Wie kompetent sind Sie im Umgang mit Geld? Konrad Paul Liessmann: Wenn ich nur wüsste, was Kompetenz in diesem Zusammenhang bedeutet. Die Fähigkeit, aus Geld mehr Geld zu machen? Die Fähigkeit, sein Geld zusammenzuhalten? Die Fähigkeit, sein Geld auszugeben? Die Fähigkeit, riskante Geldgeschäfte zu tätigen? Die Fähigkeit, Schulden zu vermeiden? Die Fähigkeit, einmal so richtig Schulden zu machen? Konrad Paul Liessmann: „Denken ist eine einsame Sache“ | DiePresse.com. Oder die Fähigkeit, dem Geld in seinem Leben keine besondere Bedeutung zu geben? Wenn, dann strebe ich letzteres an. Was ärgert Sie besonders am aktuellen Wirtschaftssystem? Dass es zu diesem absurden System tatsächlich keine ernst zu nehmende Alternative gibt.
Die Plagiatsaffäre, die zu einem raschen Rücktritt der Arbeitsministerin geführt hat, weist einige Aspekte auf, die über den individuellen Fall weit hinausreichen. Dass Frau Aschbacher ihre Arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen verfasst hat, will man sogar glauben. Raffinierte Täuschungsabsichten lagen hier wohl nicht vor, eher eine fachliche und stilistische Unbedarftheit, die man schon zum Anlass nehmen könnte, darüber nachzudenken, welche Erwartungen an akademische Abschlussarbeiten überhaupt noch gestellt werden.
Liessmann: Da hege ich meine Zweifel. profil: Weil der Mensch so schnell in Verdrängungsbereitschaft verfällt? Liessmann: Ja. Und es ist generell verfrüht, sich jetzt einen fundamentalen Wandel zu erhoffen. Und da die Familie dieser Viren der Wissenschaft bekannt ist, können wir hoffen, dass die Medizin das Problem in absehbarer Zeit in den Griff bekommen wird. Ob das jetzt ein halbes oder drei Jahre dauern wird: Beides ist für eine nachhaltige gesellschaftspolitische Wandlung kein entscheidender Zeitraum. Krisen provozieren immer beides: das Beste und das Böseste im Menschen profil: Aber hat die neue Welle von Solidarität und Nachbarschaftshilfe nicht auch etwas sehr Tröstliches? Konrad paul liessmann ehefrau die. Liessmann: Ja. Und bei aller Liebe zur Philosophie liegt wohl genau darin der eigentliche Trost. Krisen provozieren immer beides: das Beste und das Böseste im Menschen. Neben Empathie und Hilfsbereitschaft gibt es Schwarzmärkte und Internetbetrug. Politische Profiteure benutzen die virale Bedrohung, um die Demokratie prinzipiell auszuhebeln, wie wir nicht nur in in Ungarn sehen.
In einer ähnlichen Situation befinden wir uns gerade. Kierkegaard mokierte sich schon im frühen 19. Jahrhundert über jene Menschen, die ständig vor sich selbst fliehen, dauernd reisen und sich wie besessen in jede Art von Vergnügung stürzen, nur um sich nicht selbst begegnen zu müssen. Solche Menschen, so Kierkegaard, der ein scharfer Beobachter war, begreifen nicht, dass sie sich selbst bei all diesen Fluchtversuchen immer mitnehmen. Die beste Zerstreuung kommt laut Kierkegaard nicht von außen, sondern von innen profil: Die Chance zur Selbsterkenntnis wird durch die vielen virtuellen Zerstreuungsmöglichkeiten möglicherweise blockiert. Liessmann: Auch der virtuelle Raum hat seine Grenzen. Die beste Zerstreuung kommt laut Kierkegaard nicht von außen, sondern von innen. Er schildert einen Gefangenen im Kerker, der neben vielem anderen auch an tödlicher Langeweile leidet. Konrad paul liessmann ehefrau wife. In seine Zelle hat sich eine Spinne verirrt. Er beginnt, diese Spinne zu beobachten, wobei ihr Verhalten für ihn zu einem großen Abenteuer wird, spannender als jeder Krimi.
Haben Sie einen Finanzfahrplan oder gehen Sie lieber auf Risiko? Ich hatte nie einen Finanzplan und ich ging nie ein Risiko ein. Mir war immer wichtig, so viel Geld zu haben, dass ich im Alltag darüber nicht nachdenken muss. Oder anders formuliert: Geldfragen waren und sind mir lästig. Was halten Sie dann heute noch für ein sinnvolles Investment? In oder mit Geld zu investieren - das ist mir fremd. Wenn ich etwas riskiere, dann einen Gedanken. Ich investiere meine Energie in meine Arbeit, in das Schreiben meiner Bücher. Sollten die dann auch ein bisschen Geld abwerfen - na, umso besser. Was haben Sie von zu Hause aus im Bezug auf den Umgang mit Geld mitbekommen? Es war immer zu wenig davon da. Und es wurde ständig genau darüber gestritten. Deshalb wollte ich das Geld aus meinem Leben in Hinkunft verbannen. Wissen Sie noch, wofür Sie Ihr erstes selbstverdientes Geld ausgegeben haben? Konrad paul liessmann ehefrau pictures. Aber ja. Ich flog, obwohl Mitglied einer linken Studentengruppierung, im Sommer in das damals noch faschistische Spanien, um mir unter anderem einen Stierkampf anzusehen.
Man hört auf, allem nachzujagen. Man lebt nicht wie ein junger Mensch in der Utopie, dass man alles machen muss. Was hat Hysterie mit Begeisterung zu tun? Begeistern kann eine Begegnung, der Anblick eines Kindes, der Duft von Lavendel. (Schweigt. ) Zur Begeisterung gehört die Affizierung des Geistes. Liessmann: "Jetzt können wir uns nicht entgehen" | profil.at. Das, worüber Sie sprechen, sind Stimmungen, Berührungen, geglückte Augenblicke. Die Sensibilität für solche Momente nimmt im Alter nicht prinzipiell ab, aber sie wird zunehmend eingeschränkt durch Besorgnisse, die in den Vordergrund treten. Der eigene Körper ist für den jungen, gesunden Menschen kein Thema. Später spürt man die Abnahme der eigenen Leistungsfähigkeit, man achtet immer mehr auf alle möglichen Signale der eigenen Physis. Das schränkt bei der Hinwendung zur Welt ein. Sie haben viele wissenschaftliche Arbeiten und Essays über Fragen der Ästhetik verfasst. Glauben Sie, dass ein älter werdender Körper schön sein kann? Auch wenn ich es selbst nicht gern höre: Beim menschlichen Körper ist Jugendlichkeit ein wesentlicher Bestandteil der Schönheit.